Zeitzeugeninterview: Die Studentenbewegung aus Sicht des ehem. Rektors Engelhardt
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Biografie
Pädagogische Ideen
Die Demonstrationen und Proteste der Studentenbewegung, die in den 60er- und 70er Jahren in den großen Städten, wie Berlin und Frankfurt am Main stattfanden, gab es ebenso in der Universitätsstadt Heidelberg. Auch hier demonstrierten Studenten gegen die Notstandsgesetze und veranstalteten Anti-Springer-Aktionen als Reaktion auf das Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968. Der Vietnamkrieg der USA war gerade hier ein Grund für zahlreiche Proteste. Hinzu kam, dass das Hauptquartier der U.S. Armee sowie der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte ihren Sitz in Heidelberg hatten.[1]
Die Heidelberger Protestaktionen, Vorlesungsstörungen und auch Institutsbesetzungen wurden von der Bevölkerung keineswegs als harmlos wahrgenommen, was sich daran zeigt, dass diese des Öfteren in der überregionalen Presse Erwähnung fanden. So beispielsweise in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Heidelberg zur Zeit der Osterunruhen von 1968 als „Brennpunkt der Studentenrevolte“ betitelte.</ref> Nagel, Katja: Die Provinz in Bewegung. Studentenunruhen in Heidelberg 1967-1973. Bd. 13. Heidelberg u.a., 2009. S. 379ff. </ref> Zu Beginn der Studentenbewegung waren die Ausläufer jedoch kaum an der Pädagogischen Hochschule zu spüren. Von der Zeit von 1965 bis 1971, als Prof. Dr. Kollnig Rektor war [2], gab es kaum Protestaktionen. Dies änderte sich in der folgenden Zeit, als Prof. Dr. Engelhart Rektor wurde. Anfang der 70er Jahre häuften sich nun auch an der PH die Proteste, allerdings ging es hier wesentlich gemäßigter zu als an der Universität.[3] Ein Grund dafür ist die Größe und Struktur der PH. Sie war wesentlich kleiner als die Universität und so war das Verhältnis von Studierenden und Dozenten enger und weitaus weniger anonym. Dennoch bestand, wie es Engelhardt aus heutiger Sicht beschreibt, ein gewisses Grundmisstrauen gegenüber den Dozenten.[4]
Berufsverbote:
Das Misstrauen der Studierenden verstärkte sich mit dem am 28. Januar 1972 verabschiedeten Beschluss der Berufsverbote, der schnell unter dem Begriff „Radikalenerlass“ bekannt wurde. Darin hieß es, dass Beamte für die freiheitlich-demokratischen Grundordnungen im Sinne des Grundgesetzes einzutreten haben. Eine Mitgliedschaft in einer Partei oder Organisation, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpft sowie sonstige Förderungen solcher Parteien und oder Organisationen führte so zu einem Loyalitätskonflikt. Ein solcher Loyalitätskonflikt entstand beispielsweise durch eine Mitgliedschaft in der KHG (Kommunistische Hochschulgruppe). Eine Bewerbung für den öffentlichen Dienst konnte dann abgelehnt werden. Vor diesem Beschluss wurde eine Verbeamtung nur verweigert wenn eine Mitgliedschaft in einer verbotenen, verfassungswidrigen Partei bestand. Nun reichte bereits eine Mitgliedschaft in einer Partei oder Organisation aus, die nicht verboten, war sondern lediglich als „verfassungsfeindlich“ galt. Dies hatte zur Folge, dass die Einstellungsbehörden den Verfassungsschutz fragen mussten, ob Informationen über politische Aktivitäten derjenigen vorliegen, die sich als Beamte bewarben. Allein im Zeitraum von Anfang 1973 bis Mitte 1975 wurden so über 450 000 Bewerbungen überprüft. [5]
An der PH wurde darauf von den Studierenden eher ambivalent reagiert. Auf der einen Seite führten die Berufsverbote zu Verunsicherung und Zurückhaltung. Auf der der anderen Seite reagierten die Studierenden mit vermehrten Protesten in Form von Vollversammlungen und Sit-Ins oder durch das Verteilen von Flugblättern und Umfunktionieren von Seminaren. Seminare wurden gegebenenfalls so umfunktioniert, dass die Studierenden über aktuelle politische Themen diskutierten und debattierten.
Die Demokratisierung der Hochschulen:
Neben dem Radikalenerlass war die Hochschulreform ein zentrales Thema. Bereits 1961 verfasste der SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) eine Denkschrift über die Hochschule in der Demokratie. Darin wurde eine Demokratisierung der Hochschulen gefordert, das heißt die Dezentralisierung der Universität in kleinere Einheiten der Selbstverwaltung sowie eine Neuordnung der Institution und des Studiums. Kritisiert wurde darin ebenso der fehlende Einklang von Wissenschaft und gesellschaftlichen Anforderungen, also die gesellschaftliche und politische Verantwortung der Wissenschaft. 1968/69 wurden diese Grundsätze durch Hochschulgesetze in Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfahlen, Hessen, Rheinlandpfalz und im Saarland verwirklicht. [6] Um mehr Mitbestimmungsrecht in der Hochschulpolitik aufzubauen forderten Studierende die Drittelparität. Damit wollten sie erreichen, dass die Gremien der Hochschule aus drei Gruppen, mit jeweils gleichem Stimmrecht bestehend sollten. Die Gremien setzten sich demnach aus Dozenten, dem Mittelbau und den Studierenden selbst zusammen. Ziel war es die Entscheidungsgewalt von Forschung und Lehre demokratisch zu verteilen, so dass diese nicht mehr alleine den Professoren überlassen war.[7] An der PH Heidelberg war dies eine erneute Konfliktsituation, bei der sich das Verhältnis von Studierenden und Dozenten verhärtete. Aus studentischer Sicht bot ein weiterer Anlass für Konflikte die Hochschulpolitik des Rektors Engelhardt. Vor allem die KHG (Kommunistische Hochschulgruppe) prangerte ihn für seine Politik an und beschimpfen ihn beispielsweiße auf Flugblättern als „liberalen Scheißer“. [8] Sie warfen ihm politische Entrechtung vor, die Politik des Kultusministeriums durchzusetzen und so das Studium wieder zu einer „Geldsache“ zu machen.[9]
Auch wenn diese Vorwürfe kritisch zu betrachten sind, boten die Hochschulgruppen eine willkommene Möglichkeit für die Studierenden sich politisch zu engagieren. Auch die Studentinnen waren in solchen Hochschulgruppen, vor allem der KHG, sehr aktiv. Die politische Emanzipation war hierbei eine Spiegelung der persönlichen Emanzipation, die viele Studentinnen zu dieser Zeit durchlaufen haben. [10]
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Einschätzung aus heutiger Sicht
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