Theodor W. Adorno: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 11. Oktober 2016, 16:28 Uhr

Zur Person

Theodor Wiesengrund Adorno (*11.9.1903) war ein deutscher Soziologe, Philosoph, Musiktheoretiker und Komponist. Nach verschiedenen Studien in Frankfurt am Main, Berlin und Wien arbeitete er unter anderem als Privatdozent für Philosophie. Im Jahr 1933 wurde ihm in Deutschalnd aus „rassischen Gründen“ die Lehrerlaubnis entzogen. Danach lebte er in Großbritannien und den USA, bevor er 1949 nach Frankfurt zurückkehrte, wo er das wiederbegründete Institut für Sozialforschung leitete. Er starb im Jahr 1969 in der Schweiz. Adorno war ein Vertreter der Kritischen Theorie; dieser Begriff bezeichnet die sozialphilosophische Lehre der sogenannten Frankfurter Schule, einem Zusammenschluss von Sozial- und Kulturwissenschaftlern. Im Mittelpunkt steht die kritische Beobachtung der Gesellschaft, mit dem Ziel, Unterdrückungs- und Herrschaftsmechanismen aufzudecken und zu beseitigen. Das Werk Erziehung nach Auschwitz von Theodor Adorno war ursprünglich ein Radiovortrag, der 1966 vom Hessischen Rundfunk gesendet wurde

"Erziehung nach Auschwitz"

„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, dass ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen. Ich kann nicht verstehen, daß man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat.“

Der Begriff Auschwitz umschreibt hier all die Verbrechen und die damit einhergehenden Verletzungen der Menschenwürde, die während der Zeit des Nationalsozialismus verübt worden waren. Für Adorno bedeutet Auschwitz einen Rückfall in die Barbarei, der sich, solange die gesellschaftlichen Zustände unverändert bleiben, jederzeit wiederholen könne. Um dem entgegenzuwirken, müssen die Motive, die hinter diesen Taten standen erkannt und bewusstgemacht werden. Adorno teilt die „Erziehung nach Auschwitz“ in zwei Bereiche: Die Erziehung in der (frühen) Kindheit und die Aufklärung innerhalb in der Gesellschaft. Das vorherrschende Erziehungskonzept sei die Erziehung zum „Hart-sein“ (S.6). Männlichkeit bedeute in diesem Konzept die Bereitschaft alles zu ertragen und Gefühle zu unterdrücken. Doch die auferlegte Haltung, hart und gleichgültig zu sich selbst zu sein, mache ebenso hart und gleichgültig gegenüber anderen. Durch diese Faktoren entstünde ein Kollektiv von Mitläufern, das destruktiven Autoritäten nichts entgegen zu setzen habe. Um dieser blinden Kollektivierung Einhalt zu gebieten ist die wichtigste Forderung an die Erziehung die Stärkung des Einzelnen. Kinder sollen von Beginn an zum kritischen Denken angeleitet werden. Sie sollen also zu mündigen Bürgern mit der Fähigkeit zur Reflexion erzogen werden, die auch bereit sind, sich mit unangenehmen und schambehafteten Ereignissen aus der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Kontext Bildung, sowohl im öffentlichen als auch im schulischen Bereich. Das schließt die kritische Diskussion und Aufarbeitung vergangener Ereignisse und destruktiver Mechanismen ein, die in diesem Zusammenhang wirken. Adorno fordert also eine Gesellschaft selbstbestimmter Individuen, die, im Geiste der Aufklärung, ihre Geschichte erinnern und kritisch reflektieren. Dabei spielt die Erziehung in der (frühen) Kindheit eine wichtige Rolle. Des Weiteren fordert Adorno in seiner „Erziehung nach Auschwitz“ die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Geschichtskultur. Das bedeutet, dass in der Öffentlichkeit z.B. in Gedenkstätten, Museen, Filmen und an Gedenktagen, der Nationalsozialismus thematisiert und diskutiert werden soll, damit die Gesellschaft über die NS-Zeit und den Nationalsozialismus aufgeklärt wird. Zur Zeit der Radiorede Adornos war die bundesrepublikanische Geschichtskultur aber noch stark vom Verschweigen und Verdrängen geprägt.