Die 68er aus der Sicht zweier PH-Studenten: Unterschied zwischen den Versionen
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==== 1. Zur Person ==== | ==== 1. Zur Person ==== | ||
− | Beim Ehepaar Fast handelt es sich um zwei ehemalige Lehramtsstudenten der Fächer Mathematik und Technik, welche zur Zeit der 68er Bewegung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg studierten. | + | Beim Ehepaar Dr. Ludger und Ursula Fast handelt es sich um zwei ehemalige Lehramtsstudenten der Fächer Mathematik und Technik, welche zur Zeit der 68er Bewegung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg studierten. Ursula Fast stammt aus einer eher unpolitischen Familie aus Heidelberg-Handschuhsheim. Dr. Ludger Fast wurde in Ludwigshafen geboren. Seine Erziehung war katholisch geprägt, wodurch er in seiner Jugend viel in der Gemeinde tätig war. Beide gehörten zur Zeit ihres Studiums an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg einer Studentenvertretung an, die mit Dozenten und Professoren des Fachs Technik kooperierte. Nach ihrem Studium ging Ursula Fast in den Schuldienst über. In seiner späteren Berufslaufbahn promovierte Dr. Ludger Fast und war akademischer Mitarbeiter an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Fach Technik. |
==== 2. Pädagogische Ideen damals ==== | ==== 2. Pädagogische Ideen damals ==== | ||
− | Das Ehepaar Fast verortete sich zur Zeit der 68er Bewegung zwischen den beiden politischen Studentenverbänden SDS der Linken und RCDS der CDU. Die beiden partizipierten nach eigener Aussage kaum aktiv an den politischen Demonstrationen und Ereignissen. Vielmehr schildern sie diese eher aus einer Außenperspektive. Eigene pädagogische Ideen werden kaum genannt. Schließlich seien sie keine „ausgesprochen kritische Revoluzzer dieser 68er Revolution gewesen“. Als Erziehungsziel, welches es zu erreichen gilt, nennt | + | Das Ehepaar Fast verortete sich zur Zeit der 68er Bewegung zwischen den beiden politischen Studentenverbänden SDS der Linken und RCDS der CDU. Die beiden partizipierten nach eigener Aussage kaum aktiv an den politischen Demonstrationen und Ereignissen. Vielmehr schildern sie diese eher aus einer Außenperspektive. Eigene pädagogische Ideen werden kaum genannt. Schließlich seien sie keine „ausgesprochen kritische Revoluzzer dieser 68er Revolution gewesen“. Als Erziehungsziel, welches es zu erreichen gilt, nennt Dr. Ludger Fast lediglich die Abkehr vom Schwarz-Weiß-Denken, da die Realität vielmehr grau sei. |
− | + | Ursula Fast erzählt von einem Aufstand im Komenius Haus (damaliges Studentenwohnheim). So mischten sich hier, trotz des noch geltenden Kuppelparagraphen, welcher die Förderung zwischenmenschlicher sexueller Handlungen unter Strafe stellte <ref>vgl. Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches Institut 2015. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.</ref>, eines Abends Studierende zimmerweise, bevor der Verwalter die geschlechterspezifischen Bereiche des Gebäudes abgeschlossen hatte. An dieser Stelle wird auch die geforderte Koedukation, welche sich im Westen Deutschlands erst mit den gesellschaftlichen Umbrüchen der 68er Zeit etablierte <ref>vgl. http://www.deutschlandfunk.de/von-der-mitbeschulung-zur-koedukation.1180.de.html?dram:article_id=184669; abgerufen am 30.05.2016 um 22:00 Uhr.</ref>, deutlich. Weiterhin lassen sich Anfänge eines veränderten Umgangs mit Sexualität erkennen. | |
==== 3. Einschätzung heute ==== | ==== 3. Einschätzung heute ==== | ||
− | Bezogen auf seine frühere Einstellung zum Vietnamkrieg reflektiert | + | Bezogen auf seine frühere Einstellung zum Vietnamkrieg reflektiert Dr. Ludger Fast, interessiert, aber auch unkritisch gewesen zu sein, repräsentativ für die damalige Generation. Durch die Demonstrationen und Vorkommnisse der 68er Zeit habe er dann begonnen nachzudenken, sich mit der Thematik näher zu befassen und genau zu differenzieren. |
==== 4. Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten ==== | ==== 4. Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten ==== | ||
− | Weniger das Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten an der Pädagogischen Hochschule, als vielmehr die Beziehung zwischen den Studierenden der Pädagogischen Hochschule und der Universität wird vom Ehepaar Fast kritisch beleuchtet. So störten beispielsweise Universitätsstudierende mehrfach Dozenten beim Abhalten von Seminaren an der Pädagogischen Hochschule. An dieser ging es laut | + | Weniger das Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten an der Pädagogischen Hochschule, als vielmehr die Beziehung zwischen den Studierenden der Pädagogischen Hochschule und der Universität wird vom Ehepaar Fast kritisch beleuchtet. So störten beispielsweise Universitätsstudierende mehrfach Dozenten beim Abhalten von Seminaren an der Pädagogischen Hochschule. An dieser ging es laut Ursula Fast gemäßigter zu. Aus Angst vor einem Berufsverbot habe man seine Meinung lieber für sich behalten. Denn „wer auf Lehramt studierte, wollte auch in die Schule“. Darüber hinaus berichtet Dr. Ludger Fast von einer Vietnam Demonstration in Heidelberg, wie sie in den 1960er Jahren sehr häufig vorkam <ref>vgl. http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/68er-bewegung/; abgerufen am 30.05.2016 um 21:00 Uhr.</ref>. Im Rahmen dieser Demonstration wurde ihm klar, dass die Revolution nicht unbedingt von jenen vollzogen wird, die dazu aufrufen. So nahm ein Jurastudent der Universität, welcher zuvor an der Pädagogischen Hochschule zur Demonstration aufgerufen hatte, lediglich als Zuschauer an dieser Teil. |
==== 5. Eigene Einschätzung ==== | ==== 5. Eigene Einschätzung ==== | ||
− | Sowohl | + | Sowohl Dr. Ludger als auch Ursula Fast standen den „Aufwieglern von der Universität” kritisch gegenüber und lehnten diese und deren „obszönes“ Verhalten ab. Diese Haltung kommt vor allem im Kontext der Berichte des Ehepaars von Unterbrechungen der Seminare an der Pädagogischen Hochschule durch Studierende der Universität zum Vorschein. Hier wurden Dozierende von Universitätsstudenten massiv an dem Abhalten ihrer Seminare behindert und zur Diskussion von anderen Themen, wie den bereits erwähnten Geschehnissen im Komenius Haus, aufgefordert. |
<references /> | <references /> |
Aktuelle Version vom 7. Dezember 2017, 11:10 Uhr
Inhaltsverzeichnis |
Die Interviews sind auf YouTube verfügbar
Hier finden Sie die YouTube Playlist für die Interviews!
1. Zur Person
Beim Ehepaar Dr. Ludger und Ursula Fast handelt es sich um zwei ehemalige Lehramtsstudenten der Fächer Mathematik und Technik, welche zur Zeit der 68er Bewegung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg studierten. Ursula Fast stammt aus einer eher unpolitischen Familie aus Heidelberg-Handschuhsheim. Dr. Ludger Fast wurde in Ludwigshafen geboren. Seine Erziehung war katholisch geprägt, wodurch er in seiner Jugend viel in der Gemeinde tätig war. Beide gehörten zur Zeit ihres Studiums an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg einer Studentenvertretung an, die mit Dozenten und Professoren des Fachs Technik kooperierte. Nach ihrem Studium ging Ursula Fast in den Schuldienst über. In seiner späteren Berufslaufbahn promovierte Dr. Ludger Fast und war akademischer Mitarbeiter an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Fach Technik.
2. Pädagogische Ideen damals
Das Ehepaar Fast verortete sich zur Zeit der 68er Bewegung zwischen den beiden politischen Studentenverbänden SDS der Linken und RCDS der CDU. Die beiden partizipierten nach eigener Aussage kaum aktiv an den politischen Demonstrationen und Ereignissen. Vielmehr schildern sie diese eher aus einer Außenperspektive. Eigene pädagogische Ideen werden kaum genannt. Schließlich seien sie keine „ausgesprochen kritische Revoluzzer dieser 68er Revolution gewesen“. Als Erziehungsziel, welches es zu erreichen gilt, nennt Dr. Ludger Fast lediglich die Abkehr vom Schwarz-Weiß-Denken, da die Realität vielmehr grau sei.
Ursula Fast erzählt von einem Aufstand im Komenius Haus (damaliges Studentenwohnheim). So mischten sich hier, trotz des noch geltenden Kuppelparagraphen, welcher die Förderung zwischenmenschlicher sexueller Handlungen unter Strafe stellte [1], eines Abends Studierende zimmerweise, bevor der Verwalter die geschlechterspezifischen Bereiche des Gebäudes abgeschlossen hatte. An dieser Stelle wird auch die geforderte Koedukation, welche sich im Westen Deutschlands erst mit den gesellschaftlichen Umbrüchen der 68er Zeit etablierte [2], deutlich. Weiterhin lassen sich Anfänge eines veränderten Umgangs mit Sexualität erkennen.
3. Einschätzung heute
Bezogen auf seine frühere Einstellung zum Vietnamkrieg reflektiert Dr. Ludger Fast, interessiert, aber auch unkritisch gewesen zu sein, repräsentativ für die damalige Generation. Durch die Demonstrationen und Vorkommnisse der 68er Zeit habe er dann begonnen nachzudenken, sich mit der Thematik näher zu befassen und genau zu differenzieren.
4. Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten
Weniger das Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten an der Pädagogischen Hochschule, als vielmehr die Beziehung zwischen den Studierenden der Pädagogischen Hochschule und der Universität wird vom Ehepaar Fast kritisch beleuchtet. So störten beispielsweise Universitätsstudierende mehrfach Dozenten beim Abhalten von Seminaren an der Pädagogischen Hochschule. An dieser ging es laut Ursula Fast gemäßigter zu. Aus Angst vor einem Berufsverbot habe man seine Meinung lieber für sich behalten. Denn „wer auf Lehramt studierte, wollte auch in die Schule“. Darüber hinaus berichtet Dr. Ludger Fast von einer Vietnam Demonstration in Heidelberg, wie sie in den 1960er Jahren sehr häufig vorkam [3]. Im Rahmen dieser Demonstration wurde ihm klar, dass die Revolution nicht unbedingt von jenen vollzogen wird, die dazu aufrufen. So nahm ein Jurastudent der Universität, welcher zuvor an der Pädagogischen Hochschule zur Demonstration aufgerufen hatte, lediglich als Zuschauer an dieser Teil.
5. Eigene Einschätzung
Sowohl Dr. Ludger als auch Ursula Fast standen den „Aufwieglern von der Universität” kritisch gegenüber und lehnten diese und deren „obszönes“ Verhalten ab. Diese Haltung kommt vor allem im Kontext der Berichte des Ehepaars von Unterbrechungen der Seminare an der Pädagogischen Hochschule durch Studierende der Universität zum Vorschein. Hier wurden Dozierende von Universitätsstudenten massiv an dem Abhalten ihrer Seminare behindert und zur Diskussion von anderen Themen, wie den bereits erwähnten Geschehnissen im Komenius Haus, aufgefordert.
- ↑ vgl. Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches Institut 2015. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
- ↑ vgl. http://www.deutschlandfunk.de/von-der-mitbeschulung-zur-koedukation.1180.de.html?dram:article_id=184669; abgerufen am 30.05.2016 um 22:00 Uhr.
- ↑ vgl. http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/68er-bewegung/; abgerufen am 30.05.2016 um 21:00 Uhr.